Nun ist es endlich so weit. Ein paar Minuten noch und dann werdet ihr konfirmiert. Dann ist der Weg zur Konfirmation zu Ende, eine Zeit, die manchen von euch echt lange vorgekommen ist. Angefangen habt ihr im Herbst 2015, damals noch mit Mirko Peisert als Pastor neben Elke Barthels im Team.
Am Anfang war alles neu. Die Gruppe, die Gemeinde, die Leute, die da sonntags in den Kirchenbänken saßen. Ungewohnt war auch das Format: Einmal im Monat samstagsvormittags, wenn die Klassenkameraden noch am ausschlafen oder schon bei ihren Hobbys waren, durftet ihr erstmal ins Gemeindehaus kommen.
Dabei habt ihr euch mit Themen und Fragen beschäftigt, auf die die meisten eurer Altersgenossen nicht im Traum kommen. Oder wer schlürft schon an einem frühen Samstagmorgen im November über den Friedhof und denkt im Nebel zwischen den Grabsteinen über sowas wie „Auferstehung“ nach?
Neu waren auch die vielen Themen: Wie geht verantwortliches Leben heute? Was hat es mit Weihnachten auf sich? Warum gibt es Ostern keinen Hasenbraten? Was ist ein Bekenntnis? Warum schmeckt es beim Abendmahl den Versagern am besten. Und natürlich immer wieder die Bibel. Zuerst ein Buch mit sieben Siegeln und dann – hoffentlich – die Erkenntnis, dass man darin viel erfahren kann über Gott und die Welt.
In eurer Konfizeit habt ihr viel gelernt. Vor allem, dass es mit dem Glauben nicht immer einfach ist und auch nicht immer eindeutig. Gerade deshalb braucht es den Konfirmandenunterricht. Denn es ist gerade den evangelischen Christen wichtig, dass sie verstehen, was es mit dem Glauben auf sich hat. Besonders, wenn man als Baby oder Kleinkind getauft wird, dann gehört man ja zur Kirche ganz offiziell dazu, ohne dass man vorher irgendwas gewusst hätte, zu dem man ja und Amen sagen könnte.
Den Reformatoren um Martin Luther, also den Männern und Frauen, die vor ziemlich genau 500 Jahren für ziemlich viel Wirbel in der Welt gesorgt haben, war es von Anfang an wichtig, dass die Gläubigen auch etwas von ihrem Glauben verstehen. Deshalb führten sie den Konfirmandenunterricht ein.
Nun werdet ihr heute, am 7. Mai 2017 konfirmiert. Dieses Jahr ist nicht nur deshalb ein besonderes Jahr, weil ihr dieses große Fest mit euren Familien feiert.. Es ist das Jahr des Reformationsjubiläums. Vor 500 Jahren, also 1517, hatte Martin Luther seinen Ärger über die Lehren seiner Kirche öffentlich gemacht.
Martin Luther war ziemlich kreativ, wenn es darum ging, den Glauben zu vermitteln. Und so kam es, dass das Siegel der Familie Luther als Zusammenfassung des christlichen Glaubens interpretiert hat: Es ist das Wappen der so genannten „Luther-Rose“, über die ich kurz sprechen möchte.
Da ist zunächst einmal ein himmelblauer Hintergrund. Strahlend blau, hoffentlich bleibt der Himmel heute so, an eurem großen Tag. Der Himmel ist ja von jeher ein Ort der Hoffnung. Welch schöne Himmelbilder hält die Bibel für uns bereit: Sie spricht vom hellen und weiten Land, einem Ort, an dem es kein Leid und keine Tränen mehr gibt, einem Friedensland, in welchem Schaf und Wolf beieinander sitzen, und und und…
Welchen Himmel wünschen wir uns? Welchen Himmel wünscht Ihr euch? Was wäre für euch heute himmlisch?
Was für Himmelsphantasien wir auch haben – ihnen allen ist gemeinsam: den „Himmel auf Erden“ gibt es immer nur ein bisschen. Vorläufig und unvollkommen, für kurze himmlische Augenblicke vielleicht. Pures Glück, geteiltes Glück, Gemeinschaft, Frieden in den Familien und zwischen Staaten. Der Himmel auf Erden steht noch aus, aber er blitzt immer mal wieder auf. Ein wunderbarer Hintergrund für die Luther-Rose.
Eingefasst wird das Himmelblau mit einem goldenen Ring. Der Ring ist ein Symbol der Ewigkeit. Deshalb gibt es ja auch Eheringe. Sie sollen symbolisieren, dass die Liebe zwischen zwei Menschen kein Ende hat. Hier, bei Martin Luther, zeigt der Ring, dass die Liebe Gottes kein Ende hat.
Gott liebt diese Welt, Gott liebt die Menschen, jedes einzelne Lebewesen ist kostbar. Es ist gut, wenn man sich von Zeit zu Zeit daran mal erinnert. Alles Leben hat seine Berechtigung, in Gottes Augen ist es schön und liebenswert. Das tut gut zu wissen. Denn auch wir sind liebenswerte Lebewesen, auch wenn wir uns vielleicht manchmal selbst nicht leiden können und beim Blick in den Spiegel fragen, wer das eigentlich sein soll da.
Im Innenraum des Wappen blüht eine weiße Rose. Die Rose ist ja die Königin unter den Blumen. Samtweiche Blütenblätter, herrlicher Duft und doch – wenn nicht weggezüchtet – mit spitzen Dornen versehen. Als rote Rose ist sie ein romantisches Symbol für die Liebe zwischen Menschen, aber als weiße Rose steht sie für Reinheit, Unschuld und Ehrlichkeit.
Manchmal, so könnte man meinen, sind Menschen, die irgendwas mit Gott anfangen können, naiv. Wie kann man an ein höheres Wesen hoffen, wenn man die Welt sieht, wie sie ist? Mit all ihren Abgründen, Gemeinheiten, mit ihrer Brutalität? Ich denke, ein bisschen mehr „Unschuld“ täte unserer Welt aber ganz gut.
Und nicht zu vergessen: „Die weiße Rose“ war ja ein Name für eine Widerstandsgruppe in der Nazi-Zeit. Der Name war nicht zufällig gewählt, denn mit der weißen Rose an sich wird oft auch Gerechtigkeit verbunden. Zum Christentum gehört immer auch, dass wir an andere denken, für sie beten und konkret eintreten. Ob für Flüchtlinge oder Drogenabhängige. Die weiße Rose erinnert uns daran.
In der Mitte der Rosenblätter finden wir das rote Herz. Es steht für Leidenschaft und Lebenslust. Jede und jeder von uns hat ein Herz in der Brust. Es schlägt unterschiedlich oft, bei Erwachsenen etw 70 mal in der Minute. Aber bei Kindern und Jugendlichen schlägt viel öfter. Da ist ordentlich was am Klopfen bei euch – Leidenschaft, Abenteuerlust, Widerstand gegen Schule und die Welt der Erwachsenen, Protest gegen Ungerechtigkeiten – es gibt viele gute Gründe, warum eure Herzen noch heftiger schlagen als die der Erwachsenen.
Wofür schlägt euer Herz? Für 96? Oder die beste Freundin, den besten Freund? Das Pflegepferd? Oder doch eher Clash of Clans auf dem Smartphone? Luthers Herz schlug für Jesus Christus. Das klingt vielleicht erstmal nicht so aufregend, aber es hat ihn zum Teil ganz schön in Bedrängnis gebracht. Manchmal ist er dem Tod deswegen nur mit knapper Not entkommen. Denn was wir heute für selbstverständlich nehmen, dass einer glauben kann, was er will, war vor 500 Jahren nicht so leicht. We
r von der offiziellen Meinung oder religiösen Linie abgewichen ist, musste mit Verfolgung, Folter, Ermordung oder Todesstrafe rechnen.
In der Zeit nach der Reformation hat sich langsam das moderne Verständnis ausgebildet, dass jeder nach seiner eigenen Auffassung „selig“ werden sollte. Daran halten evangelische Christen heute fest. Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Pressefreiheit sind Menschenrechte, die für alle gelten, und zwar überall. Dafür schlägt heute das Herz der Kirche.
Und dann, ganz am Ende, im Zentrum vom allem, schwebt ein schwarzes Kreuz. Wofür das wohl steht? Richtig! Für Jesus Christus. Gottes Sohn, unser Bruder. Heute ist das Kreuz ja eher ein Modeschmuckartikel, aber ihr wisst natürlich, dass es eigentlich ein Symbol des Todes war. Eine besonders fiese Art, mit der die Römer früher Menschen hingerichtet haben. Aber Jesus hat den Tod besiegt. Das glauben wir. Das Kreuz wurde umgedeutet. Heute ist es ein Symbol des Lebens, der Auferstehung. Deshalb findet man es oft auf Grabsteinen und in Traueranzeigen. Es ist ein Bild für die Hoffnung, dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Dass Gott uns Menschen auch dort empfängt. Dass unser Leben nicht vergebens ist, sondern etwas von uns bleibt.
Das ist sowas wie der Markenkern des Christentumst. Jesus Christus, in dem Gott uns nahe gekommen ist und der ziemlich überzeugend von Gott gespro
chen hat. So überzeugend, dass auch heute, zweitausend Jahre später Menschen noch seine Worte lesen und versuchen zu verstehen.
Und schon ist sie fertig, die Luther-Rose. Ein Wappen voller Bilder, ein Wappen voller Theologie. Die Luther-Rose fasst zusammen, um was es im christlichen Glauben geht:
Christus, Leben, Gerechtigkeit, Himmel und Ewigkeit. In einem Bild die ganze Konfizeit zusammengefasst. Mehr braut es nicht, um sich später noch daran zu erinnern. Vielleicht auch gerade dann, wenn einem im Leben mal gar nichts mehr einfällt. Wenn einem die Worte fehlen und scheinbar nichts mehr hilft.
Diese bildliche Zusammenfassung schenken wir euch heute. Nach der Einsegnung bekommt ihr alle eine Luther-Rose umgehängt, als kleines Geschenk der Kirchengemeinde und zur Erinnerung daran, dass ihr dazugehört, zur Kirche, zur Gemeinde und – vor allem zu Gott!
Amen.