Strandgedanken (Mt 7,24-27)

Die Schaufel ist das wichtigste. Die Schaufel darf nicht vergessen werden. Das wissen alle, die irgendwann einmal mit Kindern zum Strand gehen. Egal ob Nord- oder Ostsee, ob Mittelmeer oder Steinhuder Meer.

Der Sand lädt zum Bauen ein. Man sieht längst nicht nur Kinder an architektonisch gewagten Konstruktionen feilen. Ich gebe zu: Ich habe auch viel Spaß am Bauen im Sand – am liebsten klassische Burgen mit Wassergraben.

Und wie das dann ist, zumindest an einem Strand mit Gezeiten: Das Wasser erobert das Gelände zurück. Die Burgen und Schlösser, Hochäuser und Deiche, alle aus Sand gebaut, auf Sand gebaut – langsam zerfließen sie.

„Auf Sand gebaut“ ist heute ein geflügeltes Wort. „Auf Sand gebaut“, das sagt man, wenn irgendwie das Fundament fehlt. Nicht nur beim Hausbau. Auch bei einem Projekt, bei Plänen und Ideen, ja sogar wenn es um Weltbilder oder Überzeugungen geht, kann es schon mal vorkommen, dass man „auf Sand gebaut“ hat.

Jesus spricht auch davon. Er steht da immer noch auf einem Hügel. Die Leute haben ihm zugehört stundenlang. Und jetzt, am Ende seiner Rede sagt er:

„Wer diese meine Worte hört
und sie befolgt,
ist wie ein kluger Mann,
als er sein Haus baute:
Er errichtete es auf felsigem Boden.
Dann kam ein Wolkenbruch.
Die Flüsse traten über die Ufer,
die Stürme tobten
und rüttelten an dem Haus.
Doch es stürzte nicht ein –
denn es war auf Fels gebaut.
Wer diese meine Worte hört
und sie nicht befolgt,
ist wie ein dummer Mann,
als er sein Haus baute:
Er errichtete es auf sandigem Boden.
Dann kam ein Wolkenbruch.
Die Flüsse traten über die Ufer,
die Stürme tobten
und prallten gegen das Haus.
Da stürzte es ein –
es fiel völlig in sich zusammen.“

(Mt 7,24-27, BasisBibel)

 

Hm… Ich frage mich: Auf welchem Grund habe ich mein Haus gebaut. Auf welchem Grund habt ihr euer Haus gebaut? Worauf fußt unser Leben? Was ist das Fundament zum Leben?

Ich ahne: Auf diese Frage gibt es viele Antworten. Was ist das Fundament?

Klar, Geld spielt für die meisten eine echte Rolle. Wohlstand, ein Haus, ein Auto, eine Garage, Lebensversicherung und – wenn es gut läuft – Familie. Eine Partnerin, einen Partner, Kinder, eigene oder ausgeliehene.

Manche bauen ihr Leben auf die eigene Stärke. Gesund und topfit, trainierte Muskeln, kluger Kopf. Schlagfertig sind sie und clever. Sie können sich auf sich selbst verlassen.

Und es gibt welche, die bauen auf andere. Die verlassen sich auf die Mutter, den Ehemann, das Enkelkind, auf die Gemeinschaft der Steuerzahler, den Sozialstaat oder das offene Herz von Ehrenamtlichen.

Es gibt verschiedene Fundamente, auf die wir unser Leben bauen. Ob es aus Sand ist, merken wir letztlich erst dann, wenn es erschüttert wird.

Oder mit Jesu Worten: Was ist, wenn die „Wolkenbrüche“ kommen und „Stürme“ um unser Haus toben? Dann kann es sein, dass das Fundament, das wir für so sicher gehalten haben, einfach wegrutscht.

Beispiele dafür gibt es genug. Wenn da plötzlich aus dem nichts eine niederschmetternde Diagnose kommt. Oder der Mensch, den man liebt und von dem man eigentlich dachte, man würde ihn sehr gut kennen, sich völlig überraschend aus dem Staub macht. Wenn es bei der nächsten Sparrunde im Betrieb heißt, es täte der Geschäftsführung leid, aber der Arbeitsbereich ist einfach nicht produktiv genug.

Es gibt solche Momente immer wieder im Leben. Das zeigt die Lebenserfahrung, leider! Die Wolkenbrüche und Stürme kommen im Leben so sicher wie beim echten Wetter.

Und dann? Was trägt dann noch? Trägt dann überhaupt noch was?

Ich habe vor wenigen Wochen meine Mutter verloren. Es war nicht überraschend. Sie war lange schon krank. Es war eine Erlösung für sie. Und doch: Mit ihr ist ein wichtiges Stück meiner Geschichte weggebrochen. Vergangen und verloren.

Und dann schwankte der Boden gewaltig. Da bin ich mal wieder daran erinnert worden, wie verletzlich das Leben eigentlich ist. Wie hinfällig alles sein kann. Auch wenn wir es im Alltag oft verdrängen.

Auf welchem Grund bauen wir unsere Häuser? Trägt er in den Stürmen des Lebens? Jesus fragt uns. Sein Wort ist ein gutes Fundament. Aber nicht allein! Es muss „getan“ werden, also mit Leben gefüllt und umgesetzt werden. Sein Wort. Das ist ja Gottes Wort!

Wem das jetzt zu abstrakt klingt, sei daran erinnert: Hier geht es nicht um irgendeine abstrakte akademisch korrekte Definition von Gottes Wort. Hier geht es ganz konkret um die Bergpredigt. Denn die bildet den Zusammenhang für Jesu knackige Worte vom Haus auf Sand.

Jesus steht da schon seit Stunden. Und er hat den Leuten dort auf dem Hügel ziemlich abgefahrene Sachen erzählt:

Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.

Selig sind die Barmherzigen, die Friedenstifter, die Verfolgten, die Weltverbesserer und Offenherzigen.

Vertragt euch mit eurem Widersacher sofort, schwört nicht. Eure Rede sei ja, ja oder nein, nein. Dann auch die Sache mit der rechten Backe, die man hinhalten soll, wenn einem jemand auf die linke schlägt. Und so geht es munter weiter.

Das sind ganz schöne Zumutungen, nicht nur für unsere Zeit. Auch im staubigen Galiläa haben das die Leute eher als Widerspruch zu gängigen Überzeugungen empfunden.

Für mich machen Sie aber genau deshalb den Reiz aus. Vielleicht sind sie gerade darum so besonders, weil sie mir vor Augen halten, wie ich sein sollte.

Weil sie uns zeigen, wie gelingendes Leben aussieht. Ganz gegen den Trend von schrumpfenden Kirchengemeinden und sinkenden Mitgliedszahlen.

Und dann, wenn tatsächlich die Wolkenbrüche kommen und die Stürme toben, dann möchte ich bauen auf die Worte Jesu. Weil sie mir vor Augen führen, wie unklar manches im Leben ist. Weil sie die Kraft haben, mich aus den Verstrickungen des Alltags zu befreien. Mit ihrer kompromisslosen Tonlage und ihrer radikalen Zuwendung. Manchmal, wenn der Boden unter den Füßen schwankt und die Keller des Lebenshauses volllaufen, dann kann ich mich daran festhalten, dass die Sanftmütigen gesegnet und die Friedfertigen Gottes Kinder heißen werden. Gerade in unseren Tagen, wo Atommächte wieder verbal mit den Säbeln rasseln und Präsidenten wie Diktatoren mit ihren Fingern gefährlich nahe an den roten Knopf kommen.

Dann kann ich mich festhalten an diesen Worten von Jesus, die über Jahrtausende überliefert wurden und nichts von ihrer Kraft eingebüßt haben.

Gott will, dass wir uns in unserem Leben auf das Wesentliche konzentrieren. Nicht wegen Sachzwängen oder Bequemlichkeiten einfach in den Sand setzen und warten, bis der Untergrund weggespült wird.

Gott will, dass wir klüger werden, dass wir erkennen, was wirklich zählt im Leben. Sein Wort hilf uns dabei. Und vielleicht heißt christliches Leben dann: mit beiden Füßen im Sand stehen und auf das Meer schauen, den freien Horizont vor Augen.

Amen.

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